Das Schweizer Fernsehen gibt sich noch nicht ganz geschlagen. Es zieht das Urteil des Bezirksgerichts Zürich im Falle «Meyer-Fürst» «vorsorglich» ans Zürcher Obergericht weiter. Das Bezirksgericht hatte entschieden, dass der Einsatz einer versteckten Kamera gegen das Persönlichkeitsrecht verstösst. Siehe dazu auch mein Kommentar: Urteil gegen SF – Einschnitt in Pressefreiheit. Die Sendung Kassensturz hatte nämlich 2007 über einen Schönheitschirurgen berichtet (zum Video), der ungerechtfertigte Operationen an Patientinnen durchführte. Doch wird das Schweizer Fernsehen Erfolg haben?
Leider ist es nicht das erste Mal, dass die Richter über den Einsatz einer versteckten Kamera urteilen müssen. Bereits im Jahre 2003 hatte der Kassensturz mit Hilfe der umstrittenen Recherchemethode einen dreisten Versicherungsberater überführt. Das Bundesgericht hat damals die Aktion verurteilt und einen Verstoss gegen die Persönlichkeitsrechte festgestellt. Zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit und dem Persönlichkeitsschutz hat das Bundesgericht aber nicht abgewogen (Der Medienspiegel hat dieses Urteil übriges im Detail kommentiert). Immerhin haben die Medien auch eine Wächterfunktion! Inzwischen ist dieser Fall beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig. Das Urteil steht noch aus.
Nur schon aufgrund der vorhergehenden Praxis der Gerichte wird es für das Schweizer Fernsehen wohl schwierig werden. Hinzu kommt, dass im neueren Fall die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen massiv verletzt wurden. Stimmen wurden nicht nachgesprochen oder verändert und Gesichter nicht verpixelt. Nichts desto trotz muss die versteckte Kamera als letztes Mittel in der investigativen Recherche eingesetzt werden dürfen.
Die Medien sind schliesslich auch dazu da, gröbere Missstände aufzudecken. Und wenn es nicht anders geht, sollen auch Ton- oder Bildaufnahmen als Beweise dienen können. Denn was wiegt mehr: Das Interesse eines Einzelnen, nicht einer Tat überführt zu werden, oder die Wahrheit zugunsten der Öffentlichkeit? Der europäische Gerichtshof wird hier hoffentlich die einzig richtige Entscheidung fällen. Und so dem Zürcher Obergericht sowie dem Bundesgericht für letztere, diesen und zukünftige Fälle den Weg weisen!
Edgar •
28.10.2009 um 10:00 pm •
SF,
versteckte Kamera •
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Es kommt Wind in die Schweizer Radiolandschaft. Zumindest behaupten dies einige. Am Freitag verkündete Roger Schawinski, dass sein Radio 1 und Radio Basel künftig alle redaktionellen Inhalte teilen werden. So wollen die beiden Privatradios effizienter und qualitativ besser werden. Mitunter auch um mit den staatlichen Radiosendern mithalten zu können.
Kooperationen sind natürlich aus wirtschaftlicher Sicht gesehen immer eine willkommene Sache. Sie sparen Zeit und Geld. Und Mitarbeiter (was mit zeitlichen und finanziellen Interessen einhergeht). Dank der Kooperation können die Radios mit dem gleichen Personal ungleich mehr recherchieren und berichten, weil zusätzlich die bereits vorhandenen Ressourcen des anderen Radios genutzt werden können.
Aus journalistischer Sicht scheint eine Kooperation nicht unbedingt nützlich. So lässt sich zum Beispiel mit dem überall gefürchteten Einheitsbrei argumentieren. Aus dem vorhandenen Rohmaterial entstehen womöglich identische Berichte. Als Resultat bekommt der Geschäftsmann zu Hause in Basel dieselben Reportagen zu hören, wie im Geschäft in Zürich. Als «gute» negative Beispiele lassen sich an dieser Stelle die von der Schweizerische Depeschenagentur (sda) abgefassten und überall verbreiteten Meldungen anführen. Oder die in der Blogosphäre verhasste Kooperation «Newsnetz» von Tages-Anzeiger, Basler Zeitung, Berner Zeitung, der Bund und Thurgauer Zeitung.
Klar, bei den durch die beiden Radiostationen verknüpften Inhalten handelt es sich um Rohmaterial. Daraus können durchaus sehr verschiedene Beiträge entstehen. Ob das in der Praxis dann auch so umgesetzt oder aus lauter Bequemlichkeit darauf verzichtet wird werden wir sehen.
Edgar •
26.10.2009 um 11:30 am •
Radio 1,
Radio Basel •
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Bild: youtube.com
Die Zutaten für einen idealen Marketingmix sind schnell beisammen: Ein Video mit Bundesrat Ueli Maurer als Scharfschütze, ein paar fetzige Kommentare im Walliserdialekt und cooler Sound von «lineli concept». Fertig. Fast fertig. Es fehlen nur noch die Multiplikatoren. Also diejenigen, die das Video letztendlich weiterverbreiten. Hier kommen die Medien ins Spiel (allen voran 20min und der Blick). Keinen Plan von was ich rede?
Es dürfte nicht entgangen sein: Wie ein Lauffeuer verbreitet sich das parodierte Video von Scharfschütze Ueli Maurer zur Zeit im Internet (Zum Video). Seit das Schweizer Militär das Video von der Plattform Youtube entfernen liess, sind auch die Zeitungen am Thema dran. Der Blick berichtete am 9. Oktober 2009 darüber. 20min.ch zog gestern nach.
«Lineli Concept», so heisst die Band mit dem grandiosen Einfall. Erstellt wurde das Video von «Biba» (und nicht «Pipo»), einem der drei Rapper von Lineli Concept. Unverkennbar ihr Song «Dini Mama» am Anfang und Schluss des Videos. Er ist Teil des neuen Albums, welches im März dieses Jahres auf den Markt kam. Alles nur Zufall oder eine geschickte Marketingkampagne? Ich tippe auf ersteres. Wobei die Aktion des VBS sicherlich gewisse Prozesse in Gang gebracht hat. Stichwort «Biba trifft Bundesrat Maurer».
Eines dürfte klar sein: entgegen dem Albumnamen «Irgend äppis hät da nid so ganz funktioniärt» ist dieser Medienrummel ein Segen für die Band!
Irgend äppis hät da nid so ganz funktioniärt
Foto: 3plus.ch
Nun hat also auch die Schweiz einen Ableger. Auf 3+ wurde gestern die erste Folge von «Bumann der Restauranttester» ausgestrahlt. Die Sendung wird von der Firma Eyeworks hergestellt. Eyeworks produziert das gleiche Format unter anderem auch in Deutschland (Rach der Restauranttester) und Belgien (Chef in Nood).
Die Schweizer Version kommt allerdings noch mit Kinderkrankheiten daher. So war zum Beispiel in der ersten Folge noch nicht wirklich eine Dramaturgie zu erkennen. Alles wirkt chaotisch und unorganisiert. Bumann meckert mal da, verbessert mal dort. Ein roter Faden war aber nicht erkennbar. Sein deutscher Kollege geht da mit wesentlich mehr Struktur und Feingefühl dahinter. Auch wirkten Bumanns Massnahmen zur Teamförderung etwas überstürzt.
Auch die Qualiät der Bilder liess oft zu wünschen übrig. Es fehlte ein einheitlicher Look. An teils Orten waren die Bilder viel zu warm, dann wieder durchmischt mit Tageslicht und Kunstlicht. Vielleicht setzt man Bumann das nächste Mal besser nicht an ein Fenster. Allgemein wünsche ich mir mehr Details, weniger Totale. Zum Beispiel beim Kochen. Zudem: Auf die ewig gleichen Soundeffekte beim Schnitt können wir verzichten. Das nervt.
Dass ein deutsches Format auch in der Schweiz Erfolg haben kann, hat 3+, bzw. FaroTV, schon mit «Bauer, ledig, sucht» bewiesen. Nach der dritten Staffel kann es nämlich locker mit dem deutschen Original mithalten. Ich bin sicher, dass das auch mit «Bumann, der Restauranttester» klappen wird. Vielleicht nicht heute oder morgen, sondern erst in der zweiten oder dritten Staffel. So ein Format braucht nämlich seine Zeit. Auch wenn die Konzepte schon in anderen Ländern umgesetzt wurden, die Leute dahinter sind immer neu.
Edgar •
16.10.2009 um 12:30 pm •
3plus •
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Bild: blick.ch
Die Diskussion um die Minarette in der Schweiz reichen mir langsam bis zum Hals (Was für ein Bild 😀 ). Ein wenig Abwechslung in die Debatte bringt ein gestern in der Printausgabe von 20min veröffentlichtes Inserat. Eine noch nicht bekannte Organisation oder Person (der Blick ist dran) fordert mit der Karikatur ein Ja zur Anti-Minarett-Initiative an der Abstimmung vom 29. November 2009. Über den Sinn dieser Initiative möchte ich mich hier genau so wenig auslassen wie über die Urheber dieser Forderung und den unverständlichen Baslerdialekt im Inserat.
Etwas viel spannenderes entdeckte ich in dieser Karikatur. Eingearbeitet in die Füsse der betenden Islamisten findet sich ein Datum. Man erkennt es sehr leicht, in dem man das Inserat um 90 Grad im Uhrzeigersinn dreht. Von oben nach unten steht da geschrieben: 11.2.2006. Doch was hat es mit dem Datum auf sich? Ist es eine versteckte Botschaft oder ein Hinweis auf die Urheber? Oder ist es einfach das abgelaufene Haltbarkeitsdatum dieser Karikatur?
Ich vermute einen Zusammenhang zwischen den um Februar 2006 geführten Diskussionen um die Mohamed-Karikaturen. Oder hat jemand eine andere Idee?
Foto: Erik Czapla
Vorletzten Sonntag waren wir für Volume 2 der Jugendsendung Trash in Zürich unterwegs. Wir staunten nicht schlecht, als wir gestern die Bilder vom Freestyle.ch aussortierten. Da fand tatsächlich eine Drohne den Weg ins Bild des Fotografen.
Was hatte die Drohne da zu suchen und wer hat sie geschickt? Hinweise, die den Spionageakt aufklären können bitte als Kommentar zu diesem Artikel schreiben.
P.S: Dies ist keine Fotomontage!
Spät bemerkt aber trotzdem erwähnenswert: In der Freitagausgabe des «Blick am Abend» findet sich auf Seite 5 eine Rückwärtskutsche gegen einen Redaktoren der Aargauer Zeitung. Ein stellvertretender Ressortleiter Sport hatte sich in der Aargauer Zeitung in einem Kommentar über den Sieg des FC Zürich gegen den AC Milan hergemacht. Er meinte, dass der Sieg auf Glück zurückzuführen und Zürich ja eigentlich gar keine Sportstadt sei.
Das liess sich ein Redaktor von Blick am Abend und «Zürcher aus religiösen Gründen» natürlich nicht gefallen und verfasste prompt eine Retourkutsche. Damit auch jeder den Fehlbaren auf der Strasse erkennt, klaut er gleich noch ein Foto aus der Mitarbeiterübersicht der Aargauer Zeitung.
Müssen diese Streitereien unter vermeintlichen Berufskollegen wirklich öffentlich geführt werden?
Nur weiss es keiner. Schuld daran sind Ringier und Energy selbst. Statt ewig Trübsal zu blasen und immer wieder über die verlorene UKW-Frequenz zu streiten, sollten sie den Hörern endlich Feuer unterm Arsch machen. Ab 15. Oktober 2009 wird Energy Züri nämlich auf DAB+ empfangbar sein. Energy Züri ist in den Zeitungen zur Zeit vor allem mit Berichten über Solidaritätsaktionen und Rekursen präsent. Wieso stand von der neuen Empfangsmöglichkeit noch nie etwas im Blick? Immer liesst man nur von einer «Übergangsfrequenz», um den nahtlosen Wechsel zu DAB+ zu ermöglichen. Möglich wäre das schon lange! digiradio.blogspot.com schrieb es richtig:
Energy hätte schon im vergangenen Herbst voll darauf setzen sollen, dank Digitalradio zu einem nationalen Privatradio zu werden. Ein halbes Jahr hätte bereits dazu genutzt werden können, die Hörer aktiv auf die neue Empfangsmöglichkeit hinzuweisen.
Doch wo steht Energy heute? Eben. Deshalb wollen wir dem armen Radio mal unter die Arme greifen: Bist du Fan von Energy Züri? Dann kaufe dir umgehend ein DAB+-Radio. Dann hast du ab dem 15. Oktober 2009 nicht nur Energy Züri mit besserer Empfangsqualität, sondern auch noch mx3.ch als Radiosender. Ein DAB-Radio kaufst du in Fachmärkten ab 150 Franken. Bleibt für Energy zu hoffen, dass dieser Aufruf seine Runden macht.
Was ist DAB+?
Die UKW-Frequenzen sind beschränkt. Deshalb wurde ein neues System entwickelt und eingeführt. Es heisst DAB (Digital Audio Broadcasting). Die Qualität ist besser und es können mehrere Sender auf der gleichen Frequenz empfangen werden. Um DAB+ zu empfangen, wird ein DAB+-fähiges Radiogerät benötigt.
Grafik: toonpool.com
Quellen sind des Journalisten wertvollstes Gut. Gemeint sind Personen, die brisante Informationen oder Beweise auf sich tragen. Gerade bei investigativen Berichterstattungen spielen sie eine entscheidende Rolle. Medienschaffende ersparen der Quelle eine menge Unannehmlichkeiten, wenn sie sie geheim halten. Leider schenken sie diesem Umstand oft zuwenig Beachtung. Dass führt nicht selten dazu, dass Quellen entarnt und bestraft werden.
Das muss nicht sein. Denn mit einer gesunden Portion Geheimniskrämerei kann der Journalist seine Quellen schützen. Das Gesetz hilft ihm sogar dabei. Namentlich die Bundesverfassung und das Strafgesetzbuch:
Art. 17, Abs. 3 BV: Medienfreiheit
Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.
Art. 28a StGB: Quellenschutz
Verweigern Personen, die sich beruflich mit der Veröffentlichung von Informationen im redaktioinellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums befassen, […] das Zeugnis über die Identität des Autors oder über Inhalt und Quellen ihrer Informationen, so dürfen weder Strafen noch prozessuale Zwangsmassnahmen gegen sie verhängt werden.
Wir entnehmen daraus, dass Medienschaffende nicht bestraft werden dürfen, wenn sie ihre Quellen nicht offenlegen. Das bedeutet umgekehrt, dass sie ihre Quellen geheim halten dürfen. Soweit so gut.
Die Fehler passieren aber meist schon, bevor es zu Gerichtsverfahren kommt. Zum Beispiel als letzten Sommer die Sonntagszeitung das polizeiliche Einvernahmeprotokoll im Falle des früheren Armeechefs Roland Nef publizierte und damit schliesslich die Quelle enttarnte. Auch die Treffen des Informanten mit dem Journalisten konnten später nachgewiesen werden. Wie das funktionierte, ist mir ein Rätsel. Der Informant wurde wegen Amtsgeheimnisverletzung verurteilt. Blöd.
Medien bringen Informanten also mit der Veröffentlichung von originalen Dokumenten in Gefahr. Deshalb besser versuchen, andere Beweismittel zu finden. Je weniger Personen von der Quelle wissen, desto besser. Die Namen existieren nur in den Köpfen. Kontaktdaten sollten stets an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Ebenso vertrauliche Dokumente. Das gilt auch für den Informanten. Anrufe von zu Hause oder gar vom Geschäft aus in die Redaktion und umgekehrt sind absolut tabu. Treffen zwischen beiden Parteien sollten immer hinter verschlossenen Türen, abseits grosser Menschenmassen stattfinden. Arbeitsplätze der Journalisten oder der Quelle sind natürlich tabu. Und wieso nicht einmal eine öffentliche Telefonzelle für einen anonymen Anruf benutzen?
Sonst noch was? Ach ja, es ziert sich natürlich nicht, wenn der Journalist mit seinen Enthüllungen gross rumposaunt. Schon gar nicht, wenn er mit dem Informanten seit Jahren eine Freundschaft pflegt. So geschehen im Fall Nef…
Edgar •
02.10.2009 um 5:01 pm •
Quellenschutz •
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