Medien als Pranger

Im 13. Jahrhundert wurden sie eingesetzt, um Verurteilte öffentlich blosszustellen. Die Pranger. Säulen, Holzpfosten oder Plattformen, auf denen ein Verurteilter öffentlich gefesselt und vorgeführt wurde.

Auch heute trifft man auf solche Fälle. In den Medien. Neustes Beispiel: Die Schläger von Kreuzlingen TG. Drei junge Männer verprügeln zwei Passanten in einer Bahnhofsunterführung. Sie werden von Überwachungskameras bei ihrer Tat gefilmt. Die Polizei veröffentlicht das Video, weil sie sich so Hinweise auf die Identität der Täter erhofft. Die Medien springen auf. Kurze Zeit später findet man das Video, Bilder und Texte dazu in allen Nachrichten.

Die Auswirkungen für die Betroffenen sind durch die starke Vernetzung der Medien aber viel weitreichender als damals. Einst musste der Bestrafte «nur» die Schande der Stadt oder des Dorfes über sich ergehen lassen. Heute die der ganzen Nation oder der ganzen Welt. Eine unproportional grössere Belastung. Die zur Schau gestellten kann man nach solchen Aktionen als sozial tot bezeichnen. Sie können sich nirgendwo mehr blicken lassen. Darum stellt sich die Frage, inwieweit diese öffentlichen Pranger oder Hinrichtungen durch die Medien gerechtfertigt sind und wo Zurückhaltung geboten ist.

Die Aktion von Kreuzlingen war ein voller Erfolg. Die Täter wurden inzwischen identifiziert und geschnappt. So rechtens sie aber auch sein mag, nötig war die Aktion nicht. Dass die Justiz nicht die Fähigkeit hat abzuwägen, welche Auswirkungen ein solcher Fahndungsauruf hat, leuchtet ein. Doch zumindest den Medien müsste klar gewesen sein, dass sie diese drei Männer für immer brandmarken. Die Fahndung hätte bestimmt auch in kleinerem Rahmen zum Erfolg geführt. Zum Beispiel mit einem Bild nur in der Thurgauer Zeitung. Ob die Polizei vielleicht sogar selbst zu faul war, nach den Tätern zu suchen, sei dahingestellt. Wer jetzt denkt, die Täter hätten diese Art der Behandlung verdient, setze sich mal in die Lage der Eltern, Freunde und Bekannte!

Es kann nicht sein, dass die Medien die Funktion der Gerichte und Polizei übernehmen und schon vor der eigentlichen Anklage die Tat bestrafen. So gerecht es in manchen Fällen auch erscheinen mag. Leider sind die Menschenwürde und gegenseitiger Respekt heutzutage wenig beachtete Werte mehr.

Switch – Students

Meine Studienkollegen schlüpften für eine Facharbeit für einmal in eine andere Rolle. Als Nachrichtensprecher und Moderatoren nahmen sie Schweizer Fernsehsendungen auf die Schippe. Vor allem das Wetter und die Nachrichten auf «Tele Südostschweiz», die öden Quiz- und Verkaufssendungen auf «3+» und «Viva» sowie «Einsatz in 4 Wänden» mussten dafür herhalten. Ganz nach dem Vorbild «Switch Reloaded» auf dem deutschen Fernsehsender Pro7.

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Produktion: Michelle, Pius, Mario, Tamar, Pascal, Iris
Mitwirkende: Marcel, Guglielmo, Carlo, Tanja, Linda

Le Gruyère – der verflixte Achsensprung

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Filmern und Fernsehmachern ist er bekannt: der Achsensprung. Der Achsensprung wird als Fehler im unsichtbaren Schnitt angesehen. Er entsteht, wenn mit der Kamera die gedachte Linie zwischen zwei oder mehreren Akteuren überschritten wird (Handlungsachse). Dies kann zum Beispiel in Interviews oder Dialogen geschehen.

Doch offensichtlich gibt es Werbefilmer, die das Prinzip Achsensprung noch nicht kennen. Konkret geht es um die neue Werbung von Le Gruyere. Unter dem Motto “das beruhigt” lies Gruyere verschiedene Videoclips produzieren. In der Episode 1 fällt auf: Das beruhigt überhaupt nicht. Absicht oder schweres Vergehen an den gestalterischen Prinzipien im Film und Fernsehen?

legruyere_achsensprung1Das Problem mit diesen verflixten Achsensprüngen ist, dass der Zuschauer dadurch verwirrt wird. Genauer gesagt, wir werden durch einen Achsensprung in die Irre geführt. Auf der Abbildung nebenan sehen wir nochmals die zwei problematischen Einstellungen. Der Velofahrer schaut von Rechts nach Links (Blickrichtung gleich Handlungsachse). In der folgenden Einstellung sieht man den Romand mit dem weissen T-Shirt, mit der sich der Velofahrer unterhaltet. Er schaut ebenfalls von Rechts nach Links. Wer spricht hier nun mit wem? Es handelt sich hier ganz klar um einen Achsensprung. Der Zuschauer kann der Unterhaltung schlechter folgen, weil sich die Bilder nicht ergänzen. Wurde dieser Achsensprung absichtlich eingebaut? Zwei Sachen sprechen dagegen: Der Gruyère Käse soll beruhigend wirken. Doch der Achsensprung erzeugt Hektik und Verwirrung. Diese Technik unterstützt zwar das Image des Bikers, nicht jedoch die des Romand, der gerade Gruyère isst. Zweitens: In der zweiten Episode findet sich kein Achsensprung mehr.

achsensprung_grafikDen Achsensprung hätte man vermeiden vermeiden können, indem die Kamera auf der gleichen Seite der Handlungsachse positioniert worden wäre. Die Grafik verdeutlicht das Beispiel. Grün der Bereich, indem die Kamera bedenkenlos überall hingestellt werden kann, um das Gespräch zu filmen. Der rote Bereich ist jedoch zu meiden, denn damit würde die Handlungsachse überschritten. Ein Achsensprung wäre das Resultat.

Die ganze Serie der Werbung seht ihr auf www.das-beruhigt.com.

Wann stirbt «News»?

Letzten Montag wurde .ch unter den Teppich gekehrt. In der Deutschweiz bleiben 3 Gratiszeitungen übrig. 20 Minuten, Blick am Abend und «News». Doch wie steht es genau um «News»? Um die Situation zu verstehen blicken wir zurück.

News erschien erstmals am 5. September 2007. Herausgeber ist der Medienriese Tamedia. Dieser Termin kommt nicht von ungefähr. Tamedia hatte ganz bestimmte Absichten. Kurze Zeit später nämlich, am 19. September 2009, erschien «.ch». Ein Zufall? Nein. Denn bereits mitte August tauchten erste Gerüchte über ein neues Gratisblatt im Blätterwald auf. Verantwortlich dafür war Verleger Sacha Wigdorovits, der Herausgeber von «.ch». Sein Ziel: «Eine Qualitätszeitung besser als 20 Minuten und Blick», wie er in einer Pressemitteilung zur Lancierung sagte. Dieses Ziel darf man inzwischen als gescheitert betrachten.

Tamedia hatte nämlich zusammen mit der Berner Zeitung, dem Tages Anzeiger und der Basler Zeitung innert kürzester Zeit selber eine neue Gratiszeitung lanciert: «News». Ihr einziger Zweck war, dem kommenden «.ch» Marktanteile abzujagen und es gar nicht erst zur Konkurrenz werden zu lassen. Das pikante daran: Das Gratisblatt von Tamedia konnte noch vor dem Start von «.ch» lanciert werden.

Heute, eineinhalb Jahre nach dem Start, existiert «.ch» nicht mehr. Damit steht nun aber auch die Pendlerzeitung «News» verloren in der Zeitungslandschaft. Tamedia will und kann sich sicherlich nicht zwei Gratiszeitungen leisten, die sich sogar gegenseitig konkurrenzieren könnten. Es ist klar: Die Gratiszeitung «News» wird in Kürze ebenfalls eingestellt werden. Dies ist die einzig logische Schlussfolgerung.

Aus für .ch

Eben noch begrüssten sie die Pendlermassen mit einem freundlichen “Guetä Morgä”. Jetzt sind sie verschwunden. Ebenso wie die Zeitung, die sie verteilten. Die Zeitungsjungen von .ch haben nichts mehr zu lachen. Mit ihnen 69 weitere Mitarbeiter des Verlags. Der Verwaltungsrat hat am Montag verkündet, dass die Pendlerzeitung .ch nicht mehr herausgegeben wird. Für die Mitarbeiter kam die Schreckensmeldung anscheinend “wie ein Blitz aus heiterem Himmel”. Tage zuvor hätten sie noch auf den Erfolg der Zeitung angestossen.

Doch so unvorhersehbar, wie Chefredaktor Leeb sagte, war das Ende überhaupt nicht. Schon bei der Lancierung von .ch im September 2007 stellte sich die Frage: Wieso noch eine Gratiszeitung? Nebst .ch existierten nämlich schon “heute” und “20 Minuten”. Der Markt war schon mehr als gesättigt. Die Verantwortlichen hätten eigentlich schon damals merken sollen, dass die Pendler mit 2 Gratiszeitungen gut genug bedient sind.

Der Pendler ist doch irgendwie auch ein Gewohnheitstier. Er steht früh auf und trottet zum Bahnhof. Er schnappt sich unterwegs ein 20 Minuten und zieht sich die Nachrichten des Tages rein. Wenn da jetzt plötzlich zwei verschiedene Zeitungen liegen, ist er verwirrt. Logischerweise nimmt er jene, die er schon kennt. Zweimal die selben Nachrichten will er sowieso nicht lesen.

Das Blatt hatte von Anfang an einen schwierigen Stand. Der Gratiszeitungsmarkt ist nun um eine Zeitung ärmer. Doch für den Leser bleibt eigentlich alles beim Alten. SDA-Meldungen kann er auch im 20 Minuten lesen und Rätsel gibt es da auch. Für die 69 Arbeitslosen von .ch gäbe es eine Lösung: Kommt ins Bündnerland und lanciert hier eine Gratiszeitung! Das wäre doch was.