Die «Bünderwoche» und Facebook

Das Bündnerland hinkt bekanntermassen immer ein wenig hinterher. Heute fand ich eine entsprechend lustige Meldung in der aktuellen Bündnerwoche (BüWo) vom 19. Mai 2010. Die  BüWo ist ein Wochenblatt und erscheint jeden Mittwoch im Churer Rheintal und im vorderen Prättigau.

Genau dieses Blatt hat nun Facebook für sich entdeckt (und nicht nur das!):

büwo_facebook_fans120_bearbeitet

Ausschnitt aus der BüWo vom 19.05.2010

Zwei Ausschnitte aus dem viertel-seitigen Artikel:

…Die «BüWo» hat schon 120 Facebook-Fans…

…Ein Bündner Unternehmen hat in seinem Stelleninserat unlängst sogar darauf hingewiesen, dass es von den Bewerbern auch Facebook-Kenntnisse erwartet….

Da soll es tatsächlich Unternehmen geben, die solche Anforderungen in einen Stellenbeschrieb packen! War das die BüWo selbst? Zum totlachen. Oder hat jemand schon mal in einer Stellenbeschreibung gelesen, dass man gut Telefonieren oder Zeitung lesen können muss?

Für Unternehmen bzw. Personen wie die BüWo gibt es übrigens einen Ausdruck: «Laggards». Bummler oder träge Menschen, die Trends hinterherhinken.

Heute oder morgen – kein Detail!

Bankdaten_gekauft

Auszug: Bote der Urschweiz, 05.02.2010

Auch wenn Nachrichtenagenturen die Texte liefern – der Titel ist immer noch Hoheitsgebiet der jeweiligen Zeitung und wird selber getextet. Von grosser Qualität oder Sorgfalt ist trotzdem selten eine Spur. Nicht mal auf der Frontseite! Titel sollen schliesslich die Aufmerksamkeit des Lesers wecken, zum Lesen animieren und manchmal auch ein wenig provozieren. Das dachte sich wohl auch der «Bote» und veröffentlichte am vergangenen Freitag folgende irritierende Schlagzeile zum Steuerstreit mit Deutschland: «Schweizer Bankdaten gekauft».

Was selbst heute Samstag noch nicht definitiv ist, wusste der Bote also schon am Freitag. Vor allen anderen Medien. Seltsam für eine Tageszeitung, deren Neuigkeiten sich jeweils auf die Meldungen von gestern beziehen und deren Ausgaben in manchen Landesteilen immer einen Tag zu spät erscheinen.

Was weiss also der Bote, was die anderen (noch) nicht wissen? Nach der Lektüre des Artikels muss der Leser enttäuscht feststellen: Nichts. Der Titeltexter hat sich in der Zeitform vergriffen.

Multimediales Militär am WEF 2010

WEF-TV

Ausschnitt: Webseite der Gebirgsinfanteriebrigade 12 am WEF 2010, 29.01.2010

Seit 2004 produziert die jeweils im Einsatz stehende Brigade am WEF eine eigene Truppenzeitung. Dafür gibt es jeweils eine eigene Redaktion. Sie besteht aus WK-Soldaten und Offizieren, die beruflich im Medienbereich tätig sind. Während rund einem Monat erscheint täglich ein vierseitiger «Newsflash» mit spannenden Reportagen, Interviews und Hintergrundberichten. Der Newsflash wird via Feldpost allen im Einsatz stehenden Angehörigen der Armee zugestellt. Seit diesem Jahr wird täglich auch ein Radio- und Fernsehbeitrag produziert. Diese Inhalte sind über die Webseite der Einsatzbrigade abrufbar.

Die Newsflashs haben bereits ein hohes Niveau erreicht. Sie bieten gute Unterhaltung und spannende Hintergrundinformationen. Bei den Radio- und Fernsehbeiträgen ist das Potential noch nicht ausgeschöpft. Hier liegt bezüglich Aufbereitung und Distribution noch viel drin. Als erstes könnte man eine eigene Internetpräsenz für das WEF-TV erstellen. Dann müsste man sicherlich die Newsflashs als Feed abonnierbar machen. Sehr fortschrittlich wäre es, die Fernseh- und Radiobeiträge als Podcast anzubieten und ebenfalls als Feed auszuliefern.

Im Grunde aber ein toller Service! Weiter so.

UPDATE: In diesem Beitrag stellen sich die Hintermänner der Truppenzeitung gleich selber vor:

[flv]http://www.media-blog.ch/mediablog/wp-content/uploads/2010/01/WEF_TV_006.flv[/flv]

Quelle: Webseite Gebirgsinfanteriebrigade 12.

Wer korrigiert seine Falschmeldungen?

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Screenshot: bluewin.ch, 21.01.10 um 14.00 Uhr

Verschiedene Onlinemedien vermeldeten gestern Morgen (Mittwoch), dass dicke Flugpassagiere der Gesellschaft Air France-KLM künftig zwei Sitze für einen Flug buchen müssten. Unter den Onlinemedien waren zum Beispiel 20min.ch, tagesanzeiger.ch (respektive Newsnetz), nzz.ch, tagblatt.ch und bluewin.ch. Die Meldung wurde von den Nachrichtenagenturen afp und sda verbreitet und stützte sich auf eine Mitteilung der Gesellschaft selber. Diese stellte sich nachträglich aber als falsch heraus. Richtig ist, dass dicke Fluggäste ihr Geld zurückbekommen, das sie für einen zweiten Sitz bezahlt haben. Bedingung ist, dass der Flug nicht ausgebucht ist. Air France versendete noch am selben Tag eine korrigierte Fassung an die Medien, in der der Sachverhalt richtig gestellt wurde.

dicke_airfrance_20min

Screenshot: 20min.ch, 21.01.10 um 14.05 Uhr

Trotzdem ist der originale, falsche Artikel noch auf mindestens zwei Portalen zu finden. Nämlich auf bluewin.ch und 20min.ch. Wobei bluewin.ch auch eine korrigierte Fassung aufgeschaltet hat. tagesanzeiger.ch hat den originalen Artikel gelöscht, ohne eine korrigierte Fassung einzustellen. Einzig nzz.ch und tagblatt.ch haben eine korrigierte Fassung aufgeschaltet und die ursprünglichen Artikel gelöscht. Schlecht weg kommt 20min.ch. Das Onlineportal hat die falsche Fassung bisher weder gelöscht noch korrigiert. Ganz schwach.

Ins Fäustchen lachen kann sich blick.ch. Keine Meldung – keine Korrektur.

(via benkösblog)

«Generation Praktikum» existiert

Ausschnitt: Inserat 20min

Ausschnitt: Inserat 20min

Newsnetz sucht Praktikanten. Bewerben können sich jene, die zurzeit ein Studium in Journalismus absolvieren oder abgeschlossen haben (Tele Top lässt grüssen). Dieses Beispiel zeigt einmal mehr die gängige Praxis. Bewerber mit abgeschlossenem Studium gelten im Grunde als vollwertige Arbeitskräfte. Doch vielfach werden sie nur als Praktikanten angestellt. Profitieren kann davon vor allem die Unternehmung, die dadurch Lohnkosten spart. Das Beispiel Newsnetz ist kein Einzelfall. Das Problem betrifft Zeitungen, Fernsehen und Radio. Die «Generation Praktikum» existiert eben doch. Gerade in der Medienwelt. Auch wenn das niemand wahrhaben will. Eine Scham!

Dank an Manuel M.

Blick-Titelschlacht (2)

Bald ist Weihnachten. Die Zeit, in der Fristen stillstehen und Betreibungsämter pause machen. Bevor auch ich mich den freudigen Familienfesten widme, nochmals die besten Blick-Schlagzeilen der Woche.

Ausschnitt: Blick.ch, 22.12.2009

Ausschnitt: Blick.ch, 22.12.2009

Ehemann veranstaltet Kissenschlacht auf der Bühne und wird (in Unterhosen) von den Tänzerinnen an ein Bett geknebelt. Blick interpretiert das als Nackt-Schlacht…

Ausschnitt: Blick.ch, 23.12.2009

Ausschnitt: Blick.ch, 23.12.2009

Pete Wentz (wer?) prügelt sich und stellt ein Foto seiner blutigen Nase ins Netz. Massen-Mord an Gesichtern, titelt der Blick…

Ausschnitt: Blick.ch, 22.12.2009

Ausschnitt: Blick.ch, 22.12.2009

Gratulation zum gelungenen Wort-Witz! Ist Blick jetzt auch ein Satire-Magazin?

Schleichwerbung für «Carpe Diem»

Die Pendlerzeitung Blick am Abend lebt von Werbung. Viel Werbung. Daran hat sich der Leser inzwischen gewöhnt. Er kann sie einfach überspringen. Oder doch nicht? Nein. Leider gibt es auch immer wieder Fälle, bei denen nicht klar ersichtlich wird, was Werbung und was Inhalt ist. Obwohl das Schweizer Lauterkeitsrecht eigentlich verlangt, dass Werbung und redaktioneller Inhalt klar abgegrenzt werden. Zum Beispiel durch die Beschriftung als «Anzeige» oder «Publireportage».

Dem Blick am Abend ist das anscheinend egal. Ganz unverblümt wird da jeden Freitag ein Wohlfühl-Tipp präsentiert. Und jeden Freitag mit dabei: das Getränk «Carpe Diem». Da heisst es dann zum Beispiel:

Konzentrieren Sie sich auf den Moment. Auch beim Trinken: Nehmen Sie jeden Schluck bewusst wahr – wenn Sie beispielsweise ein gesundes Carpe Diem Kombucha geniessen.

Oder so:

Gönnen Sie sich dazu ein 100 Prozent natürliches Carpe Diem Kombucha. Das Enzymgetränk unterstützt den Reinigungsprozess des Körpers auf vielfache Weise: Es reguliert die Verdauung, kurbelt den Sto wechsel an, wirkt entgiftend und unterstützt die körpereigenen Abwehrkräfte.

carpe-diem-beitrag

Ausschnitt: Blick am Abend, 27.11.2009

Man muss kein Genie sein um zu erkennen, dass es sich hier um Schleichwerbung handelt. Im redaktionellen Teil einer Zeitung hat sowas auf jeden Fall nichts verloren. Schon gar nicht jede Woche aufs Neue. Als Leser kann ich einen solchen Tipp überhaupt nicht ernst nehmen. Er ist nicht vertrauenswürdig. Zudem stelle ich mir als Leser schon die Frage: Wo verarscht mich Blick am Abend denn sonst noch?

Blick-Titelschlacht (1)

Es lebe der Bindestrich! Ohne ihn hätten die «Titler» vom Blick wohl ein Problem. Hier die kreativsten Wort-Zusammen-Fügungen der letzten Woche.

Pitbull-Bub

Ausschnitt: Blick.ch, 16.12.09

Nicht etwa der Pitbull-Welpe, sondern der von der Pitbull-Attacke betroffene Junge…

fast-nackt-model

Ausschnitt: Blick.ch, 16.12.09

Golf-König Schniedel-Woods als Stecher. Wann verschreibt ihm endlich jemand eine Sex-Therapie? Hauptsache Sex-Appeal im Titel…

luegen-paula

Ausschnitt: Blick.ch, 16.12.09

Neonazi-Schweine ritzen SVP-Parolen in den Bauch einer Scheinbar-Schwangeren. Alles Hirn-Gespinste von Lügen-Paula…

ritz-attacke

Ausschnitt: Blick.ch, 16.12.09

Die Ritz-Attacke der Neonazi-Schweine auf Lügen-Paula in einem anderen Blick-Artikel…

zigi-gaga

Ausschnitt: Blick.ch, 14.12.09

Lady GaGa rauchte eine Zigarette im Rauchverbot – und wurde dadurch zur «Zigi-GaGa». Beim «Smoker Face» fehlt leider der Bindestrich…

alk-aida-knacki

Ausschnitt: twitter.com/blickch, 17.12.09

Und da war doch noch einer: der Alk-Aida-Knacki. Von der Schweiz aufgenommener Guantanomo-Häftling und voraussichtlicher Schnaps-Lädeli-Betreiber… (Titel auf Blick-Online wurde inzwischen geändert).

«Klimawandel ein Bschiss!»

Klimaschützer debatieren zurzeit zum Thema Klimawandel in Kopenhagen. Vor allem die Medien berichten darüber. Zum Strassenfeger ist das Thema allerdings noch nicht avanciert. Regierungen und Vertreter verschiedener Umweltverbände stellen sich die Frage, wie sie dem Problem begegnen können. Der Klimawandel als Profitmaschine oder klimatische Veränderungen als natürliche Vorgänge in der Natur stehen in Kopenhagen nicht zur Debatte. Die aktuellen Berichterstattungen in den Medien finde ich unausgewogen. Natürlich muss über die Konferenz berichtet werden. Dann aber bitte auch mit Pros und Kontras.

Damit auch die einmal zu Wort kommen, die es nicht bis in die Medien schaffen, publiziere ich nachfolgend ein Interview mit dem Wetterpropheten Martin Holdener. Das Interview ist im Januar 2008 im Rahmen einer Semesterarbeit entstanden. Es soll sich jeder selber eine Meinung bilden.

Martin Holdener, was sagen Sie als Wetterprophet zur Klimaerwärmung?

Das ist eine reine Geldmacherei! Diejenigen die das raus lassen verstehen überhaupt gar Nichts vom Thema. Die machen nur allen Leuten Angst. Tatsache ist, dass wir schon vor 300 Jahren solche Wärmeperioden und Wetterkapriolen hatten. Damals standen noch keine Fabriken und es fuhren keine Autos. Aufzeichnungen belegen, dass im 16. Jahrhundert die Bauern mit ihrem Vieh schon im Februar auf die Alp gezogen sind. Das Gras ist gewachsen, die Bäume haben geblüht.

Luftverschmutzung durch Autos und Industrie haben keine Auswirkungen auf das Klima?

Ein Stück weit kann es für das betroffene Gebiet sicher Auswirkungen haben. Aber so dramatisch sehe ich das mit den Einflüssen auf das Klima nicht. Die wollen nur Geld damit verdienen.

Wo liegen dann die Ursachen?

Der Mensch hat keinen Einfluss auf das Klima. Es ist normal, dass das Klima sich verändert. Es ist ein ständiger Wandel. Mal wird es kälter, mal wärmer. Um 1850 hatten wir ja eine kleine Eiszeit. Aber auch vor dieser Eiszeit war es warm. Bester Beweis dafür ist die Glattalp (SZ), wo man kürzlich Holz gefunden hat. Heute wächst dort kein einziger Baum! Es muss also früher einmal über längere Zeit warm gewesen sein.

Wie entwickelt sich das Wetter in den nächsten Jahren?

Ich selber bin überzeugt, dass der Höhepunkt jetzt erreicht ist. In den nächsten 20-30 Jahren werden die Gletscher wieder wachsen und es wird im Durchschnitt wieder kälter. Zwischendurch kann es Hitzeperioden geben. Aber durchschnittlich werden die Temperaturen um ein viertel bis zu einem halben Grad retour gehen.

Martin Holdener ist Landwirt und Wetterprophet. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Wetter. Als „Wetterschmöcker“ stellt er seit 1999 halbjährlich Prognosen für den Verein Innerschwyzer Meteorologen auf.

Das Ende von News – endlich

Vor gut sieben Monaten habe ich das Ende von News heraufbeschworen. Das Ding hat sich jedoch länger gehalten, als ich dachte. Damals waren verschiedene Argumente zu hören, die «News» rechtfertigen sollten. Erwähnt wurden unter anderem die günstigeren Tarife für Kleininserenten (Leser Tino). Zudem könne mit News «ein glaubwürdiges Bollwerk gegen weitere Versuche, Gratiszeitungen zu lancieren» aufrechterhalten werden. Tamedia-Manager Rolf Bollmann sagte damals in einem Interview, er sei der Ansicht, dass zwei Pendlerzeitungen in der Deutschweiz Geld verdienen können. Das scheint sich nun aber doch nicht gerechnet zu haben.

Neben dem Stellenabbau beim Tages-Anzeiger werden jetzt also weitere 20 Mitarbeiter ihre Stelle verlieren. Schade. Ich hoffe doch schwer, dass es für jene Mitarbeiter diesmal ein Wort des Dankes gab. Nicht wie beim Stellenabbau des Tages-Anzeigers (wie im «Schweizer Journalist» zu lesen war). Die Gelegenheit hätte sich ja geboten: Am Weihnachtsessen, welches am Abend der Absetzung stattfand.

Für die Pendler ändert sich indessen nicht viel. SDA-Meldungen können sie auch im 20 Minuten lesen. «News» Ende.

Das Interview zur Absetzung von «News» mit Tamedia-Manager Rolf Bollmann findet sich auf persoenlich.com.